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Bankenwesen Schweiz - Teil 1

Als ich vor 20 Jahren in die Schweiz kam und ein Konto bei einer Bank brauchte, da wurde das Konto zwar schnell eröffnet, die Verwendung unterschied sich aber in vielen Aspekten. Wenn ich nur an das umständliche und langwierige Vorhaben denke, ein Lastschriftverfahren einzurichten, wird mir schon schwindelig. Was man in Deutschland durch einfache Unterschrift an der Supermarktkasse erledigen kann, erfordert in der Schweiz zahlreiche Formulare und umfangreiche Genehmigungen von allen Beteiligten. Um ehrlich zu sein verwendet hier aber auch praktisch niemand das Lastschriftverfahren. In dieser Artikelreihe möchte ich eine subjektiv gefärbte Einschätzung des Schweizer Bankenwesens geben, einige Hinweise und eigene Erfahrungen mitteilen. Dies stellt aber keine Empfehlung oder Bewertung dar, dazu habe ich mit Banken insgesamt zu wenig Erfahrung.

Das Bankwesen in einer Übersicht

Eine sicherlich unvollständige Übersicht zu den Schweizer Banken inklusive einer subjektiven Unterteilung:

  • Grossbanken wie die UBS und Credit Suisse sind global tätig und in der Schweiz verbreitet mit Niederlassungen vorzufinden. Sie sind für die Schweizer Wirtschaft so wichtig, dass sie faktisch eine (ungeliebte) Staatsgarantie haben und wohl nicht untergehen können.
  • Kantonalbanken besitzen grossteils eine unbeschränkte Staatsgarantie, können also nicht pleite gehen, soweit der jeweilige Kanton noch in der Lage ist zuzuschiessen. Ihre Niederlassungen sind ebenfalls weit verbreitet.
  • Raiffeisenbanken sind genossenschaftlich organisiert und zusammen so gross, dass sie schon wieder als fast systemrelevant gelten.
  • Auslandsbanken bzw. Töchter von ausländischen Banken.
  • Regionalbanken wie die Neue Aargauer Bank sind - wie der Name sagt - regional vertreten, oft auch mit Niederlassungen im ländlicheren Bereich.
  • Privatbanken für vermögendere Kunden und speziellere Anliegen.
  • Postfinance, der bankartige Geschäftsbereich der Post. Die Postfinance gibt mir soviele Rätsel auf, dass ich Ihr einen eigenen Abschnitt widme.
  • Sonstige Banken wie die Bank Cler (vormals Coop Bank) und die Migros Bank, beides Ableger unserer geliebten, genossenschaftlich organisierten Grossversorger. Daneben Banken mit Spezialinteressen, wie z.B. die WIR-Bank mit eigenem WIR-Geld und die ökologisch orientierte Alternative Bank Schweiz.
  • ZAK-Bank als smarte Lösung für junge Leute - die Bank in der App auf dem Smartphone. Eine Abteilung der Bank Cler. Echte Fintechunternehmen wie N26 oder Revolut gibt es in der Schweiz meines Wissens noch nicht.

Das Kontenwesen in einer Übersicht

In der Regel hat man ein oder mehrere Konten der folgenden Kategorien. Die meisten Konten kosten entweder Gebühren oder Wohlverhalten:

  • Privatkonto für Gehalt, Zahlungseingänge und -ausgänge. Verfügbarkeit meist im Bereich einiger Hundertausend pro Jahr oder ohne Einschränkung. Als Gemeinschaftskonto mit Partner denkbar. Verrechnung von Kreditkarten und Maestro-Karte. In der Regel kein Zins, ausser als Fake-Zins, wenn man vorher hohe Gebühren für das Kontomodell zahlt.
  • Sparkonto mit meist geringer bis geringster Verzinsung und schlechterer Verfügbarkeit in der Höhe von Zehntausenden pro Monat. Keine Karten. Oft als Verrechnungskonto für die Zinszahlungen der Hypothek in Verwendung.
  • Spezialfall Jugendsparkonto mit ganz leicht erhöhter Verzinsung und meist kostenloser Führung. Dazu gibt es spezielle Aktionen und Angebote an die jugendliche Kundschaft.
  • Ein Kontokorrentkonto lautet ggf. auch auf andere Währungen als Franken und kann somit international für Zahlungen mit IBAN-Code verwendet werden. Das Guthaben ist in der Regel jederzeit voll verfügbar. Hohe Flexibilität bei Zahlungen.
  • Ein Säule-3a-Vorsorgekonto dient dem steuerbegünstigten Vorsorgesparen für das Alter. Verfügbarkeit frühestens 5 Jahre vor AHV-Alter oder zur Amortisation* von selbstgenutztem Wohneigentum. Anlage in Fonds oder als Sparplan möglich. Staatlich hoch reguliert. Sehr wichtiges Konto, somit wird dieser Punkt irgendwann in einem eigenen Beitrag behandelt werden.
  • Das Freizügigkeitskonto dient der meist vorübergehenden Anlage von Geldern der 2. Säule, also Geldern der betrieblichen Altersvorsorge. Dieses Konto kann z.B. bei Arbeitslosigkeit die angesparten Gelder der Pensionskasse des vorherigen Arbeitgebers aufnehmen und wird dann in der Regel wieder bei einem neuen Arbeitgeber in dessen Pensionskasse eingespeist (stark vereinfacht dargestellt).
  • Spezialformen wie Termingeldkonto mit festgelegter Anlagedauer, Fondssparkonto zum Ansparen auf Fonds, Vereinskonto, Mietauktionskonto etc. etc.

*Amortisation - (teilweise) Rückzahlung einer Hypothek

Das Gebühren(un)wesen

Das Gebührenwesen für Konten bei Schweizer Banken ist komplett, vollständig und absolut undurchdringlich. Eine Empfehlung kann nicht mal in Ansätzen ausgesprochen werden. Hier ein paar grundsätzliche Überlegungen, wie man bei Bankkonten sparen kann:

  • Vor vielen Jahren waren Konten für gute Kunden (die z.B. eine Hypothek unterhielten) meist noch kostenlos. Vielleicht mag dies auch heute noch manch sehr gutem Bankkunden in einer ernsthaften Verhandlung mit dem Bankberater gelingen.
  • Viele Banken bieten Kontomodelle mit verschiedenen Konten und Karten, Zinsmodellen und Versicherungen in allerlei Variationen und bewerben diese prominent auf Ihrer Website. Die Grundleistungen ohne Versicherungen und Karten sind meist viel schwerer zu finden und zu vergleichen. Jeder muss aber für sich selbst prüfen, welche Kombination am günstigsten ist. Nicht immer sind es die auffällig beworbenen Kontenmodelle.
  • Vor Jahrzehnten bekam ich noch fast täglich Post von meiner Bank. Bei jeder Einzahlung, jedem Lastschriftvorgang und vielen weiteren Aktivitäten auf dem Konto gab es einen Schrieb. Unglaublich, wieviel Geld damals für Porti abgeflossen sein muss. Diese Zeiten sind vorbei. Heutzutage belohnen die Banken Kunden, die sich für E-Dokumente entscheiden und alle Überweisungen elektronisch durchführen mit geringeren Gebühren.
  • Dann aber auch rechtzeitig die Dokumente abrufen, bevor die Bank sie doch wieder verschicken muss und Porto verlangt!
  • Falls der Bezug von Bargeld - wie meist - Gebühren kostet, kann es sich lohnen, die Bank so zu wählen, dass man beim Bancomaten der eigenen Bank auf dem Arbeitsweg vorbeikommt, dort ist der Bezug in der Regel kostenlos.
  • Kreditkarten gibt es grundsätzlich kostenlos, soweit man die Gebühren-Fallstricke wie verspätete Zahlung, unnütze Versicherungen oder häufige Bargeldbezüge vermeidet. Beispiele: Coop Supercard oder Migros Cumulus Kreditkarte u.a.
  • Nicht von Zinsen blenden lassen. 0.075 % bringt nicht viel, wenn man dafür hohe Gebühren blechen muss, trotz vieler Ziffern.
  • Der Bezug von fremden Währungen und der bargeldlose Umtausch in Euro oder Dollar sind ein eigenes, ganz wunderbar komplexes Thema mit allerlei Verdienstmöglichkeiten für Banker. Eigenes Thema also ...

Im zweiten Teil von Bankwesen Schweiz geht es um Zahlungen und Überweisungen und um das gefürchtete Thema Lastschriftverfahren.

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