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I+I Lobbyistenerfolg: Amazon.com liefert nicht mehr in die Schweiz

Photo by Christian Wiediger on Unsplash

Eine kleine, traurige Nachricht für die liberale und konsumentenfreundliche Schweiz: Direktlieferungen von Amazon.com, also aus USA direkt, werden ab Weihnachten nicht mehr möglich sein. Amazon verweist auf alternative Bestellmöglichkeiten in der EU.

 

Wieso braucht man das überhaupt?

 

Bisher konnte man auch auf Amazon.com bestellen und in die Schweiz liefern lassen. Je nach Wert der Lieferung war diese abgabenfrei (bis etwa 65 Franken bei vollem MwSt-Satz). Darüber kümmerte sich der Lieferant um die Abgaben und schlug oft genug auch noch happige Gebühren auf. Der Kunde schluckte, bekam halt aber die Ware meist nicht auf anderem Wege. Und gar nicht im Inland. Hier ein paar Gedankenspiele für die Notwendigkeit von Bestellungen auf Amazon.com:

  • ein Japanisch-Lehrer bestellt regelmässig Lehrmaterialien Japanisch-Englisch, die er in Europa nicht erhält...
  • ein Schweizer Maschinenbauer braucht für einen Auftrag aus USA spezielle nichtmetrische Werkzeuge aus USA...
  • ein hiesiger Hersteller von Produkten für Alpinisten bestellt zu Vergleichszwecken kurz nach Erscheinen die aktuellen Konkurrenzprodukte eines Hersteller aus Boulder/Colorado, lange bevor sie in Europa vertrieben werden...

Die meisten Personen bestellen nicht zum Spass auf Amazon.com, sondern weil sie nur dort das Gewünschte erhalten. In Zukunft werden sie die Produkte irgendwie auch erhalten, aber schwieriger und auf erzwungenen Umwegen. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sind dagegen nicht der Rede wert.

 

Was ist der Grund dafür?

 

Es war eine Reaktion von Amazon auf einen Beschluss des Bundesrates. Dieser hat für Anfang 2019 ein verschärftes Steuerregime beschlossen: Versandhändler mit mehr als 100 000 Franken Umsatz müssen in Zukunft die Mehrwertsteuer direkt abführen, nicht mehr via "Verzollung" beim Importeur. Das war dem Riesen natürlich zuviel Aufwand. 

 

Und warum das alles?

 

Lobbyismus erklärt es. Die Interessen des Verbandes Schweizer Versandhändler (VSV) richten sich dezidiert gegen den Wettbewerb mit ausländischen Anbietern und sie verlangen "gleich lange Spiesse" - das bedeutet, sie wollen Vorteile durch Heimatschutz. Jetzt feiern sie den Erfolg, langfristig wird er sich gegen sie richten.

 

Was tun?

 

Für sparsame Zeitgenossen empfehlen sich konsequente Preisvergleiche, auch mit dem Ausland. Wenn man Waren anders nicht bekommt, dann einfach per grenznaher Postannahmestelle einkaufen. Vorher abklären, wie es mit Lieferungen aus den USA läuft!

 

Eines der Übel in der Schweiz ist der übergrosse Einfluss von Lobbygruppierungen. Da zieht sogar der Konsumentenschutz seinen Schwanz ein. Leider auch die *hüstel* "liberalen" Politiker. Sie sind ja elementarer Bestandteil der Lobbyisten. Aber: Wie die Beispiele oben zeigen, könnte auch das hiesige Gewerbe vom freien Warenverkehr profitieren. Und sollte deshalb bei ihren politischen Vertretern protestieren!

 

Siehe auch:

Voller Erfolg! - Amazons MwSt.-Erstattung für Nicht-EU-Kunden klappt vorzüglich

CH-Verzollung - neumodisch auch per App möglich

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