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Lohnstruktur bei Schweizer Arbeitnehmern

Mein letzter Beitrag zum Thema Gehaltserhöhung hat grossen Anklang gefunden, aber auch kritische Stimmen laut werden lassen. Was verdient man eigentlich in der Schweiz, wenn man so schnell mal 300 Franken mehr verlangt? Dazu muss man sagen, dass die Einkommenstruktur in der Schweiz um einiges höher liegt als in Deutschland, die Lebenshaltungskosten aber auch. Zudem ist ein Euro natürlich etwas mehr wert als ein Franken - und dies oft nicht nur im Wechselkurs.

 

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Brutto-Netto-Spread (kann man das so sagen?), der in der Schweiz wesentlich geringer ist, da grosse Ausgabenblöcke wie Steuern und Krankenkasse erst nach der Auszahlung des Lohnes vom Arbeitgeber geleistet werden. Die Abzüge beim Lohn sind daher geringer und laden weniger zu Diskussionen ein. Typischweise liegen die direkten Abzüge beim Lohn bei etwa 10-15 %.

 

Auch muss man sagen, dass die Einkommen in der Schweiz vergleichsweise hoch sind. Einen recht guten Überblick dazu geben die Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BfS) zur Schweizerischen Lohnstruktur. Die Daten sind zwar von 2016, aber seitdem gab es kaum Inflation in der Schweiz und somit nur moderate Veränderungen. Daher dürften diese Zahlen immer noch gut verwendbar sein:

  • Der Medianlohn betrug 2016 in der Schweiz 6502 Franken brutto monatlich.
    Median bedeutet, dass die Hälfte der Arbeitnehmer weniger, die andere Hälfte mehr verdient.
  • Kaum jemand mit Vollzeitjob verdient weniger als 4000 Franken.
    10% verdienen mehr als 11 400 Franken.
  • Die einkommensstärksten Branchen waren (Medianlohn in Klammern):
        Finanzdienstleistungen (Fr. 9742)
        Pharmaindustrie (Fr. 9835)
        Informationstechnologie und Informationsdienstleistungen (Fr. 8900)
        Versicherungen (Fr. 8762)
  • Branchen mit geringerer Wertschöpfung pro Arbeitnehmer waren:
        Persönliche Dienstleistungen (Fr. 4076), typischerweise Coiffure
        Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie (Fr. 4337)
        Detailhandel (Fr. 4798)
  • Bin mir nicht absolut sicher, aber ich glaube, diese Werte gelten für 13 Monatslöhne und die Boni sind noch nicht berücksichtigt.
  • Im Jahr 2016 lag der durchschnittliche Wert eines Bonus bei über 9000 Franken. Ca. ⅓ der Arbeitnehmer erhielten einen Bonus, wobei die Kadermitarbeiter besonders profitierten. In der Finanzbranche beispielsweise mit durchschnittlich über 100 000 Franken (in Worten: hunderttausend).

Mit dem Medianlohn von 6502 Franken kann man in der Schweiz gut leben - zumindest wenn man nicht eine Familie mit mehreren Kindern zu versorgen hat. Denn dann muss man für alle Familienmitglieder Krankenkassenbeiträge bezahlen und die (teure) Wohnung muss gross genug sein. Ab da wird es echt schwieriger...

 

Auf den Seiten des BfS finden sich noch zahlreiche Analysen, u.a. auch zu den Geschlechterunterschieden bei der Lohnstruktur. Ich wollte hier aber nur einen kurzen Einblick geben, um die 300 Franken des letzten Artikels in einen Zusammenhang zu stellen. 300 Franken machen knapp 5 % des Medianlohnes aus. An eine solche (ausserordentliche) Erhöhung habe ich gedacht, wenn man mit dem Arbeitgeber verhandelt - dies sicher nicht jährlich.

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