· 

Magnesiummangel – auch in der Wirtschaft fatal

Am 10. Oktober in der Welt am Sonntag sah ich einen Artikel zum Thema Magnesium (das Element und Leichtmetall, ich meine hier nicht das krampflösende Spurenelement in Tabletten) und legte den Bezahlartikel erstmal beiseite. Leider hatte ich erst später Zeit, ihn gründlich zu lesen. Die wesentlichen Aussagen findet man in dichterer Form z.B. auch hier. Um es kurz zu machen: Ein chinesischer Lieferstopp für Magnesium bedroht die europäische Wirtschaft. Wie bitte? Magnesium? Die Erdkruste ist buchstäblich daraus aufgebaut. Magnesium, Aluminium und Silicium – so lernt man es im Erdkundeunterricht. Und das soll knapp sein? Um was geht es hier eigentlich?

 

Magnesium ist ein Element und Leichtmetall. In Pulver-oder Bandform lässt es sich leicht anzünden und verbrennt mit blendend heller Flamme. Im Artikel wird angegeben, die Lagerung sei schwer möglich wegen zu schneller Oxidation. Ich kann das bei Barren nicht so ganz nachvollziehen. Ich denke eher, dass ein Brand in einem Magnesiumlager verheerend und praktisch nicht löschbar wäre und man deshalb auf die Lagerung zu grosser Mengen weitgehend verzichtet. Man ist also auf stetigen Nachschub angewiesen. Aus China derzeit nun mal. Warum aber produzieren wir in Europa nicht selbst Magnesium? Z.B. aus den Dolomiten, die bestehen zu einem Drittel aus Magnesium.

 

Im Prinzip gibt es zwei wesentliche Herstellungsverfahren. Entweder reduziert man Magnesiumoxide in abgeschlossenen Kesseln mit geeigneten Reduktionsmitteln und destilliert das Magnesium ab. Oder man reduziert geschmolzene Magnesiumsalze elektrochemisch, also mit viel, viel Strom. Beide Verfahren sind keine Raketentechnik, brauchen aber Un-Un-Unmengen an Energie.

 

Europa produzierte früher durchaus auch Magnesium, gab es aber dann kurz nach der Jahrtausendwende völlig auf. Kurioserweise wurde die Produktion weltweit fast nur in China konzentriert. Wahrscheinlich hat eine Mischung aus günstigen Energiekosten (Kohle), laxeren Umweltgesetzen und billigen Arbeitskräften dies begünstigt. China dominiert den Magnesiummarkt heute fast total und liefert über 85% der Weltproduktion.

 

Aber auch das bevölkerungsreiche Land verändert und entwickelt sich. Energie ist aktuell eher knapp, nach Dürren liefern die Wasserkraftwerke weniger Strom, Australien ist als grosser Kohlelieferant ausgefallen, die Arbeiter wollen mehr Lohn und die Luft soll auch eher besser als schlechter werden. Um die eigenen (rentableren) Betriebe energietechnisch am Laufen zu halten, sollen nun die Magnesiumhütten staatlich angeordnet weniger produzieren und die Mindermengen fehlen halt im Export. Zunächst sind diese Einschränkungen bis Jahresende befristet. Aber wer weiss schon wie es weitergeht...

 

Die deutsche Autoindustrie ist jedenfalls in heller Aufregung. Kommt nun zum Chipmangel noch ein Magnesiummangel? Das Leichtmetall wird beispielsweise als Legierungspartner für Aluminum benötigt. Die Bleche finden vor allem bei teuren & margenstarken Luxusschlitten Verwendung. Auch die Flugzeugindustrie wäre schwer betroffen. Wirtschaftsverbände fordern bereits nachdrücklich die Politik zum Handeln auf.

 

Da bleibt die Schweiz mit ihrer Chemieindustrie und den kleinen Uhrenmanufakturen aussen vor, könnte man denken. Autos produzieren wir ja nicht. Ist das so? Aufschluss zu dieser Frage gibt ein umfangreiches Dokument der Deutschen Rohstoffagentur mit Datenstand März 2018 (Seite 33). Die kleine Schweiz liegt mit 5.2% des Weltverbrauchs bei hochreinem Magnesium an fünfter Stelle, noch vor einem Land wie Japan. Bei weniger reinem Magnesium ist es nicht aufgeführt, dürfte aber auch knapp unter 5% des Weltmagnesiums verbrauchen.

 

Ich frage mich, welche Firmenchefs in der Schweiz nun Krisensitzungen einberufen müssen...

Kommentar schreiben

Kommentare: 0