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I+I P2P-Kredite Schweiz - LEND

In einer Artikelreihe werden die P2P-Kreditanbieter der Schweiz vorgestellt. Eine Übersicht der Anbieter findet sich hier.

 

Der Zürcher P2P-Kreditanbieter Lend erklärt auf seiner modern wirkenden Seite das Prinzip des Crowdlendings anschaulich, aber auch so, dass man als Interessent durchaus Appetit auf einen schnellen Kredit bekommen kann. Immer mehr erscheint mir, dass die P2P-Kreditanbieter eigentlich gar kein Problem haben, Geld von Investoren zu bekommen, sondern vielmehr die Abnehmer dafür suchen müssen in unserem doch recht reichen Land.

 

Demzufolge sind bei Lend Kredite (Privat & Geschäft) bereits ab günstigen 4.5 % möglich, beste Bonität natürlich vorausgesetzt. Nach oben hin werden Jahreszinse bis 9.5 % angegeben.

 

Interessanterweise hat der Kreditnehmer anfangs nur ein direktes Vertragsverhältnis mit Lend, nicht mit den Anlegern. Erst beim Investmentvorgang geht dann die Kreditforderung von Lend auch auf den Investor über. Vielleicht ist das aber auch immer so. Auf jeden Fall bedeutet dies: Das Kreditausfallrisiko trägt ganz und gar der Anleger. Wie zu erwarten war.

 

Die Kreditvergabegebühr wird zugunsten von Lend übrigens gleich bei Auszahlung abgezogen - diese Schlitzohren!

 

Gebühren, immer wieder Gebühren...

Die Gebühr für Privatkredite bei Lend beträgt pro Jahr zwischen 0.55 bis 1 % des Kreditbetrags und wird sofort bei Vergabe des Kredits fällig (also mitfinanziert). Für Geschäftskredite liegt die Gebührenspanne sogar höher - bis 1.3 %.

Auch der Anleger bezahlt eine jährliche Gebühr von 1 % der Kreditsumme, die monatlich anteilig von den Rückzahlungen abgezogen wird. So verdient Lend sogar doppelt - raffiniert!

Zusätzliche Kosten können den Kreditnehmer mit einer (empfohlenen) Ratenausfallversicherung belasten.

 

In einem übersichtlichen Fenster auf der Webseite kann der Kreditnehmer mit Schiebereglern und Knöpfen die jeweiligen Kreditbedürfnisse massgeschneidert angeben und bekommt gleich eine Abschätzung der zu zahlenden Monatsraten (Zins + Tilgung). Ein Paradies für finanziell klamme Leute.

 

Anleger haben es bei Lend ebenfalls leicht. Investitionsbetrag mit Schieberegler eingeben, Risikoscores auswählen und Laufzeit eingeben, schon erhält man eine vorläufige Renditeabschätzung.

Eine seltene Spezies in der Schweiz: Der Kreditnehmer...

Eine lange Liste von weit über Tausend Kreditprojekten schliesst sich an. Die Projekte und dahinter stehende Kreditnehmer werden vorbildlich vorgestellt. Aber Achtung: offene, also noch nicht vollständig finanzierte Kredite hat es nur magere acht! Kein Tummelfeld für diversifizierte Investitionen...

 

Beispiel: Ein(e) 49jährige(r) möchte für ein Wohnprojekt 150 000 Franken für 60 Monate zu 7.35 %. Verheiratet, von Beruf Mitarbeiter(?), Doppelverdienerhaushalt mit Eigenheim, Nettoeinkommen fast 9000 Franken, ein Kind - sieht doch gut aus. Aber die Belastung ist hoch, die Monatsrate beträgt fast 3000 Franken. Der Bonitätsscore ist auch nur ein mittleres C. Die Mindestinvestition beträgt hier 7500 Franken.

 

In Statistiken stellt Lend Informationen zur Verfügung, die man anderswo vermisst. Beispielsweise wird die Performance der laufenden Kredite und insbesondere deren Ausfallraten abhängig vom Kreditscore angegeben.

 

Das Mindestinvestment beträgt 1/20 der Kreditsumme, dies hat mit (derzeit noch bestehenden) regulatorischen Vorgaben zu tun.

Für wen vor allem dies ein Hindernis darstellt, der kann vielleicht in den lend.ch Fund investieren. Das wird aber wieder eine ganz andere Geschichte, mit vielen schönen neuen Gebühren…

 

Fazit

Die erzielten Zinsen in der Schweiz sind für Mintos-Verwöhnte mickrig, vor allem wenn man in eher gute Risiken investiert und den Abzug der Anlegergebühr berücksichtigt. Sie sind aber in einem Negativzinsumfeld auch nicht zu verachten. Lend macht darüberhinaus auf mich einen insgesamt recht professionellen Eindruck, gibt wesentliche Informationen zu den Krediten preis und hat sich auch mit wertvollen Partnern (Intrum Justitia) umgeben. Die FAQ ist umfangreich und erklärt alles recht ordentlich und verständlich. Nur ein Punkt darin ist für mich nicht ganz klar, nämlich was passieren würde, wenn Lend selbst nicht mehr existieren sollte. Das scheint ihnen aber selbst auch nicht ganz klar zu sein...

 

Für mich kristallisieren sich folgende Punkte heraus und lassen mich weiterhin von einer Investition zurückschrecken:

  • Die unausgewogene Risikoverteilung,
  • ein fehlender Sekundärmarkt, falls ich mein Geld doch selbst brauche und
  • die leider vergleichsweise hohe Mindestinvestitionssumme aufgrund rechtlicher Vorgaben.

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Kommentare: 1
  • #1

    Km Finanzen (Samstag, 09 Februar 2019 10:41)

    Hallo Dreigroschenblogger

    Diesmal hast du mich inspiriert über P2P zu schreiben. Ich habe schon letztes Jahr meine Bedenken zu P2P in einem Blogpost geäussert. Nun habe ich mir die beliebten Anbieter Bondora und Mintos genauer angeschaut. Bin gar nicht überzeugt von Ihnen. Lend kannte ich bisher nicht, finde aber die Seite sehr transparent und da es ein Schweizer Anbieter mit Schweizer Beteiligten ist, kann ich die Seite auch empfehlen. Finde aber, man sollte sich die Investments sehr genau anschauen und ein wenig überlegen, wer auf der Kreditnehmerseite ist.
    Mach weiter so
    Viele Grüsse
    KM Finanzen