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I+I Eins E als weithin unbekannte Pensionsvorsorge für Besserverdienende in der Schweiz

Für die ca. 10% bestverdienenden Angestellten von Schweizer Betrieben steht mit den 1e-Vorsorgeplänen ein weitgehend unbekannter Baustein der Schweizer Pensionsvorsorge zur Verfügung.

 

Dieses Anlageinstrument muss vom Arbeitgeber zuerst einmal auch angeboten werden. Derzeit finden sich nur wenige Betriebe, die entsprechende Angebote haben, aber es wird in Zukunft wahrscheinlich mehr Verbreitung finden.

 

Nun hier aber kurz die elementarsten Grundlagen der 1e-Vorsorgelösung:

  • 1e ist der Artikel in der Verordnung über die berufliche Vorsorge (BVV 2), es ist also eine Variation der zweiten Säule der Schweizer Pensionsvorsorge. Die Bezeichnung 1e verwirrt daher leider etwas.
  • 1e-Vorsorgepläne sind für Arbeitnehmer zugänglich, die mehr als 127 980 Franken im Jahr brutto verdienen ("Besserverdienende", "Kader", etc.). Das übersteigende Gehalt kann genutzt werden, um es bis zu maximal einem Viertel Anteil in einen speziellen, vorm Arbeitnehmer aktiv auszuwählenden Sparplan steuersparend anzulegen.
  • Der Arbeitgeber gibt entsprechende Vorsorgelösungen für diesen Anteil zur Auswahl, meist welche mit hohem Aktienanteil, aber auch welche mit niedrigerem Risiko sind anzubieten. Der Arbeitnehmer kann somit mehr über die Anlage seiner Gelder mitbestimmen und vor allem auch mehr Risiko tragen und so zu höheren Renditen gelangen.
  • Der Arbeitnehmer kann - z.B. bei Pensionierung - die angesparte Summe ausschliesslich als Kapital beziehen, nicht als monatliche Pension.

Die 1e-Anlage verspricht dem Arbeitnehmer bei entsprechender Risikoneigung eine hoffentlich höhere Rendite, kann aber auch zu Verlusten führen. Auch der Arbeitgeber profitiert: er trägt bei dieser Anlage kein Langlebigkeitsrisiko, denn er zahlt nur die angesparten Gelder plus Rendite aus, keine monatliche Pension.

 

Natürlich muss man immer berücksichtigen, dass aus dem Verdienst unter der besagten Grenze immer auch eine normale betriebliche Pensionsvorsorge erfolgt, woraus sich auch eine monatliche Pension ergeben kann.

 

Bemerkenswert bei der Säule 1e ist, dass dort die Umverteilungsmechanismen nicht wirken. Obwohl so nicht vorgesehen, werden in der zweiten Säule nämlich derzeit Gelder von aktiv Versicherten zu Pensionierten umverteilt - aufgrund des festgelegten hohen Umwandlungssatzes - und ebenso auch zu Geringverdienern aufgrund der Wirkung der vorgeschriebenen Mindestverzinsung.

 

Schön für die Gutverdiener ist der Steuerspareffekt: Die Einzahlungen senken das zu versteuernde Einkommen und brechen die Progression. Erst bei der Auszahlung wird eine Steuer geschuldet, meist wesentlich tiefer als die ansonsten geschuldete Einkommenssteuer. Auch die Vermögenssteuer spart man sich für diese Anlagen in den Jahren des Ansparens.

 

Im Netz finden sich zahlreiche Erklärungen und Diskussionen der Problematiken rund um 1e, z.B. hier und hier. Auch Kritik ist manchmal zu vernehmen: Die 1e-Anlage sei nicht genug solidarisch. Dabei ist die zweite Säule bei ihrer Gründung gar nicht als solidarische Versicherung ausgelegt worden, sie hat sich nur dazu gewandelt. Gedacht war sie als reine Kapitalversicherung.

 

Nehmen wir uns nun mal den eben geschassten Credit-Suisse-CEO Tidjane Thiam vor. Laut Medienberichten verdiente er in 2018 12.7 Millionen Franken. Der Credit Suisse wäre es erlaubt, ihm eine massgeschneiderte Vorsorge 1e anzubieten und in seine Altersvorsorge einzufügen, die hier als fiktives Modell vorgestellt wird.

 

 

LOHNANTEILE THIAMS


 

 

 

Koordinationsabzug der 1. Säule

24 885 Franken

VORSORGEPLANUNG THIAMS


AHV

Dieser erste kleine Lohnanteil soll eigentlich im Alter von der AHV im Umlageverfahren getragen werden. Als Gutverdiener zahlt Thiam aber auf sein gesamtes Einkommen AHV-Beiträge (4.35 %) und macht hier einen herben Verlust. Denn er bekommt im Alter nämlich höchstens 2370 Franken monatlich zurück.



 

 

Normale Pensionskasse der 2. Säule

103 095 Franken

Betriebliche Pensionskasse

Für diesen Lohnanteil zahlt Thiam und sein Arbeitgeber ordentliche Beiträge in die betriebliche Pensionskasse der Credit Suisse ein, ebenso wie alle seine Kollegen bei der CS.



 

 

Vorsorge 1e der 2. Säule

725 220 Franken

1e innerhalb betrieblicher Pensionskasse

853 200 Franken ist der maximal versicherbare Lohn von Thiam. Für 725 220 Fr. könnte Thiam also eine 1e-Lösung ausgehandelt haben. Ein Viertel davon konnte er maximal jährlich ansparen und zur Steuerersparnis verwenden. Das sind 181 305 Franken in 2019.



 

3. Säule

6826 Franken

BVV 3

Wie jeder andere Arbeitnehmer kann Thiam - ebenfalls steuerschonend - jährlich einen Betrag in der dritten Säule anlegen, in 2019 waren dies maximal 6 826 Franken. Hier die Grenzbeträge.



Es bleiben Thiam immer noch einige Millionen, die er zu versteuern hat. Da kann er es verschmerzen, dass alle hoffentlich hochrentabel angelegten Beträge nach seinem Rücktritt als CEO nun von der CS aufgelöst werden und auf ein Freizügigkeitskonto eingezahlt werden. Falls er die 6826 Franken der 3. Säule in 2019 (und entsprechende Beträge der Jahre vorher) auch bei der CS angelegt hat, steht es ihm frei, diese zu einer anderen Vorsorgeinrichtung übertragen zu lassen. Ich würde es tun an seiner Stelle!

 

Die Pensionsvorsorge der Schweiz gilt weithin als vorbildlich. Dennoch sieht man an diesem plakativen Beispiel ein wenig die Komplexität, die die Vorsorge im Laufe der Jahre angenommen hat. Hinter den Kulissen wird es noch wesentlich unübersichtlicher, wenn man an weitere Gestaltungsmöglichkeiten denkt wie z.B. Hypothekaramortisationen. Es wird einem gar schwindelig, wenn man an die finanziellen und länderübergreifenden Folgen dächte, falls Thiam z.B. zur Deutschen Bank als CEO gehen würde. Oder gar als Präsident der Elfenbeinküste gewählt würde...

 

Für junge, wahrscheinlich globaler denkende und agierende Leute sollte die Pensionsvorsorge eigentlich deutlich gestrafft und vereinfacht werden. Dies wird aber wohl ein Wunschtraum bleiben :-(

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